Manchmal scheint kein Buch so richtig zu passen. Mir geht es vor allem dann so, wenn ich gerade eine längere Lesepause hatte oder ich emotional in einer fordernden Zeit bin. Dann will ich einerseits kein Buch lesen, das ein rosarotes Bild vom Leben zeichnet, denn das kommt mir unecht vor. Andererseits möchte ich auch keine deprimierende Lektüre, die mich noch mehr runterzieht. Für solche Phasen der Unschlüssigkeit empfehle ich „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ von Gabrielle Zevin – ein Buch, das auch in schwierigen Zeiten den richtigen Ton trifft. Vor allem aber macht dieses Buch, in dem es auch um die Liebe zur Literatur geht, so richtig Lust aufs Lesen!
Worum es geht:
Wie findet man nach einem großen Verlust wieder zurück ins Leben? Mit dieser Frage kämpft der Buchhändler A.J. in „Die Widerspenstigkeit des Glücks“. Am Anfang des Romans droht er am Tod seiner Frau zu zerbrechen, trinkt zu viel und ist einsam. Er lebt auf Alice Island, einer kleinen Insel in den USA, und lässt niemanden an sich heran – bis er plötzlich aus seinem stumpfen Schmerz gerissen wird.
Eines Abends findet A.J. ein zweijähriges Mädchen zwischen den Buchregalen in seinem Laden – mit einer Notiz, dass sie hier hoffentlich eine bessere Zukunft erwartet, als ihr sonst möglich wäre. Am Ende ist es A.J., der die kleine Maya großzieht.
Mit Maya kommt Bewegung in sein Leben – A.J. hat gar keine andere Wahl, als sich wieder auf die Menschen in seiner Umgebung einzulassen. Und dann begegnet er immer wieder Amelia, einer Verlegerin, die A.J. regelmäßig das neue Buchprogramm vorstellt und mit der er sich besser versteht, als er sich das zunächst eingestehen will.
All das kann nur passieren, weil A.J. in der Welt der Bücher zuhause ist. Seine Bücher helfen ihm zurück ins Leben, bringen ihn mit anderen Menschen in Austausch und sind für ihn eine Form, das Leben zu verstehen. Und A.J. ist wirklich beeindruckend gut darin, seinen Kunden das richtige Buch für den richtigen Moment zu empfehlen – ich hätte da einen Job für ihn, wenn er nicht schon einen hätte!
Das Besondere an diesem Buch:
„Die Widerspenstigkeit des Glücks“ ist ein unglaublich warmes Buch. Es ist voller Figuren, die man so richtig gerne mag und über die die Autorin auch mit einem spürbaren Lächeln schreibt. Da gibt es zum Beispiel Chief Lambiase, einen gutmütigen Polizisten, den A.J. in der größten Krise seines Lebens kennengelernt hat und der sich immer häufiger in die Buchhandlung traut – bis er schließlich den „Chief’s Choice Book Club“ gründet.
Die Vertreterin Amelia dagegen hat gerade eine lange Phase des Onlinedatings hinter sich – der letzte Versuch hat als Buch, das ihn in seinem Leben am meisten beeinflusst hat, „Grundlagen der Buchhaltung, Teil 2“ genannt… Als untrübbare Optimistin kann sie darüber lachen und genießt ihren Beruf, in dem sie absolut richtig ist, denn ihre Begeisterung für Bücher ist ansteckend. Mit so vielen einnehmenden Figuren ist „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ einfach schön zu lesen!
Ein guter Moment für dieses Buch:
Wenn du gerade gar nicht weißt, was du lesen sollst, vielleicht eine lange Lesepause hattest und einfach nur die unbestimmte Lust verspürst, mal wieder ein Buch in die Hand zu nehmen, bist du bei diesem Roman richtig. „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ wird dich sofort mitnehmen – wenn du A.J. erstmal in seinem Tief kennengelernt hast, lässt er dich nicht mehr los. In seiner Buchhandlung und unter den Menschen in seinem Leben wirst du dich so wohlfühlen, dass du gar nicht mehr merkst, wie du zum Buch greifst.
Obwohl der Roman ein wohliges Gefühl auslöst, schaut er den Lebenserfahrungen ins Auge, die einen richtig aus der Bahn werfen können. Der Schmerz von Verlust und die Notwendigkeit, die Menschen, die einem besonders nahe sind, immer wieder loszulassen, kehren in diesem Buch immer wieder zurück. Ich musste jedes Mal weinen, wenn ich es gelesen habe – und manchmal braucht man genau das. Dieser Roman versteht dich also, wenn du gerade traurig bist, dich einsam fühlst, oder dich von jemandem verabschieden musst. Und er lässt dich spüren, dass du mit diesen Erfahrungen nicht alleine bist.
Wer bei diesem Buch in jeder Stimmung richtig ist:
- Buchliebhaber: Alles Entscheidende weiß A.J. über Amelia, sobald er erfährt, was ihr Lieblingsbuch ist. Wem solche Facetten aus dem Leben von Büchermenschen das Herz aufgehen lassen, ist bei diesem Roman richtig – „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ ist eine Liebeserklärung an das Leben mit Büchern.
- Romantiker: Mitzuerleben, wie die Figuren in diesem Roman zueinander finden ist rundum herzerwärmend! Und es hat etwas märchenhaftes, wie A.J. Maya auf dem Boden seiner Buchhandlung findet und damit ein ganz neues Leben beginnt.
Wann ich zu etwas anderem greifen würde:
Wenn du gerade unkonzentriert oder aufgedreht bist und ein Buch mit mehr Schmackes brauchen kannst – etwas richtig Spannendes oder etwas Provokatives -, dann würde ich „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ für stillere Momente aufheben.
Wenn du gerade unter Strom stehst, versuch es doch mit „Kleine Feuer überall“ – wie ich finde, ist dieses Buch genau richtig, wenn du gerade ein bisschen angespannt bist.
Für Momente, in denen du aufgeregt oder aufgedreht bist, ist ein Buch wohltuend, dass mit all dieser Energie etwas anfangen kann und deine Gedanken sortiert, indem es dich zum Nachdenken bringt – über aktuelle Geschehnisse, die Gesellschaft oder Menschen im Allgemeinen. Wenn du also ein Buch suchst, das deine Energie auf aktive Art kanalisiert, probier es doch mit „1000 Serpentinen Angst“, ein Roman, in dem du viel aus dem heutigen Leben in Deutschland wiedererkennen wirst, oder mit „Middle England“, das den Brexit sozusagen von innen erfahrbar macht.
Daten zum Buch:
Titel: Die Widerspenstigkeit des Glücks
Originaltitel: The Storied Life of A.J. Fikry
Autorin: Gabrielle Zevin
Übersetzerin: Renate Orth-Guttmann
Verlag: Diana Verlag
Seiten: 288
Preis: 9,99€
ISBN: 978-3-453-35918-5
Eine Leseprobe und weitere Informationen zum Buch findest du hier auf der Verlagswebsite des Diana Verlags.